Renate Flottau berichtete als SPIEGEL-Redakteurin jahrelang vom Kriegsgeschehen auf dem Balkan und wurde insbesondere durch ihr “Kriegstagebuch” bekannt.
Biografische Notizen zu Renate Flottau
Der Schriftsteller Peter Handke, während des Kosovo-Krieges glühender Verteidiger Serbiens, hat “Spiegel-Korrespondentin” Renate Flottau einmal zynisch “Kriegsbraut” genannt. Es gibt wohl kaum einen Begriff, der so falsch ist und der Journalistin mehr unrecht tut als diese auf Verletzung zielende Vokabel. Renate Flottau ist weder Kriegs- noch Friedensbraut - sie ist Reporterin und als solche allenfalls der Wahrheit versprochen. Seit über 20 Jahren lebt sie in Belgrad, spricht unter anderem fließend serbokroatisch. Zur Kriegsberichterstatterin wurde sie durch die Ereignisse auf dem Balkan, ausgesucht hat sie sich das nicht. Renate Flottau begann ihre Karriere als Volontärin bei der Fränkischen Landeszeitung in Nürnberg, arbeitete danach für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen, u. a. Stiftung Warentest und “Das deutsche Sonntagsblatt”. 1976 wechselte sie zum Fernsehen und produzierte Beiträge für die “Hessenschau” des HR. Als ihr Mann Heiko Flottau Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Belgrad wird, zieht die Familie (zwei Kinder - Alexandra, heute 32, und Heiko, 21) mit. 1984 trennt sich das Paar. Heiko Flottau wechselt nach Kairo, seine Frau bleibt in Belgrad und berichtet zunächst für das ZDF und seit 1986 für den SPIEGEL vom Balkan. Damals konnte sie nicht ahnen, dass Jugoslawien das Pulverfass der 1990er Jahre und sie selbst zur Kriegsreporterin werden würde. Aber so formulierte sie einmal: “Es ist gegen mein Selbstverständnis, zu sagen: In Friedenszeiten gerne, aber wenn geschossen wird, nein danke.”
“Die einzige Situation, mich wütend zu machen, ist der Versuch, mich mit Informationen reinzulegen.” Diesem Selbstverständnis blieb sie treu, trotz Gefahr und Entbehrungen. Renate Flottau begnügte sich nicht damit, den Berichten offizieller Stellen zu vertrauen und deren Botschaft intellektuell zu sortieren. Sie war und ist vielmehr bemüht, mit eigenen Augen zu sehen, was vor sich geht, den Dingen auf den Grund zu gehen. “Je wilder es um mich herum wird, desto ruhiger werde ich. Die einzige Situation, mich wütend zu machen, ist der Versuch, mich mit Informationen reinzulegen”, beschreibt sie ihre journalistische Leidenschaft. Mehr als einmal brachte sie das in Lebensgefahr. Sie wurde angeschossen und zusammengeschlagen, bespitzelt und verfolgt, sie entging mit List den Todesschwadronen des serbischen Geheimdienstes und mit Glück so mancher Granate. Als Serbien sie zur unerwünschten Person erklärte, zog sie nach Montenegro, um von dort aus immer wieder inkognito Recherche-Reisen nach Serbien zu unternehmen. Renate Flottau hat durch ihr Beispiel gezeigt, dass die Freiheit der Medien auch vom Einsatz derer lebt, die an sie glauben - wo immer sie sind. Lange bevor die Bilder der aufbegehrenden Belgrader Bürger Erinnerungen wachriefen an die Ereignisse in Leipzig 1989, hat Renate Flottau diese Freiheit verkörpert.