recherchiert mit seinen Studenten zweifelhafte Todesurteile in den USA. Er erreichte durch seine Arbeit mehrere Revisionen sowie ein Moratorium des Gouverneurs in Illinois.
David Protess
Der 54-jährige David Protess ist Professor für Journalismus an der Medill School of Journalism an der renommierten Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois. Seine Forschungen in den vergangenen Jahren konzentrierten sich auf die Rolle der Medien in der Sozialpolitik, die Medienberichterstattung in Rassenfragen und die Beziehung zwischen Medien und dem Gesetz. Protess selbst wurde Objekt internationaler Berichterstattung, als er mit seinen Studenten durch investigativen Journalismus unschuldig Verurteilten zur Freiheit verhalf. In dem Buch “A Promise of Justice” erzählt er, wie es gelang, die Justizfehler aufzudecken. Für dieses Buch bekam er den “Investigative Reporters & Editiors Award” sowie eine Nominierung für den Pulitzer Award. Die New York Times schrieb: “Kein Justizsystem, das Studenten benötigt um Gerechtigkeit zu schaffen, kann als funktionabel bezeichnet werden.” Inzwischen sind es bereits drei Menschen, die dem Professor und seinen Studenten ihr Leben verdanken. Sieben weiteren wurde zur Freilassung aus den Gefängnissen des US-Bundesstaates Illinois verholfen. Jährlich erreichen den Professor tausende Briefe von angeblich unschuldig Verurteilten und deren Angehörigen, die ihn bitten, sich ihrer anzunehmen. “Seid skeptisch und werdet nicht zynisch” Doch trotz all seiner Leistungen und Erfolge sieht sich Protess nicht als Held. Für ihn zählt vor allem sein Lehrauftrag. Er will seine Studenten nicht nur die graue Theorie lehren, er will sie vielmehr durch praktische Arbeit mit der angelsächsischen Tradition des investigativen Journalismus vertraut machen. Deshalb schickt er sie hinaus in die Gefängnisse und Justizpaläste, lässt sie Situationen nachstellen, wichtige Zeugen befragen und gibt ihnen seinen Leitspruch mit auf den Weg “Seid skeptisch und werdet nicht zynisch.” Und natürlich ist er ein entschiedener Gegner der Todesstrafe. Protess war sieben Jahre alt, als Ethel und Julius Rosenberg wegen Spionage verurteilt und hingerichtet wurden. Der Trubel und der Jubel um die Exekution widerten ihn schon damals regelrecht an. Später, als junger Reporter für den “Chicago Lawyer” oder als Research Director of the Better Government Association, führte Protess immer wieder einen engagierten Kampf gegen die Ungerechtigkeiten des Rechtssystems.
Seine Mittel waren dabei stets journalistische: Fragen, Hinterfragen, Recherchieren und nochmals Hinterfragen. Doch es gibt auch Kritiker und Neider. Neben den vielen Ehrungen und Preisen muss er vor allem mit dem Vorwurf leben, Journalismus und Aktivismus zu vermengen. Protess’ Erfolg: Moratorium gegen Todesstrafe Dieser Vorwurf mutet seltsam an, denn immerhin war es die Arbeit von Professor Protess und seinen Studenten, die den Gouverneur von Illinois, einen ausgesprochenen Befürworter der Todesstrafe, dazu brachte, ein Moratorium gegen die Todesstrafe in seinem Staat zu erwirken. Nach 14 erwiesenen Fehlurteilen gestand Gouverneur George Ryan ein: “Ich kann mir nicht mehr sicher sein, dass die Gerichte nicht noch mehr Unschuldige zum Tode verurteilt haben.” Neben Illinois kündigten 15 der 38 Staaten mit Todesstrafen an, ihre Verfahrensweise noch einmal zu überprüfen. Rund 3500 Menschen sitzen derzeit in den Todeszellen der USA, darunter Minderjährige, Schwachsinnige und viele Mittellose, die sich eine effiziente Verteidigung nicht leisten konnten. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1977 wurden mehr als 200 Menschen exekutiert, in dieser Zeit aber auch 73 Männer und zwei Frauen wegen erwiesener Unschuld aus den Todeszellen entlassen.