Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien 2024 an Auslandskorrespondentin Sabine Adler und das Medienhaus Correctiv in Leipzig verliehen.
Leipzig, der 8. Oktober 2024. Die deutsche Radiojournalistin und Autorin Sabine Adler sowie das Medienhaus Correctiv wurden am heutigen Abend durch die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig mit dem Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien ausgezeichnet. Der Preis würdigt Medienschaffende und Institutionen, die mit ihrer Arbeit unter hohem persönlichen Einsatz der Presse- und Meinungsfreiheit dienen. Der Preis ist mit je 10.000 Euro dotiert.
Ehrengast der diesjährigen Preisverleihung war der Oberbürgermeister der Stadt Kiew und Partnerstadt der Stadt Leipzig, Dr. Vitali Klitschko. Er betonte: "Medien sind im Krieg mit Russland wichtiger als Waffen, als Panzer, als Drohnen. Deshalb habe ich der Einladung zu dieser Preisverleihung zugesagt." In der Sowjetunion habe er erlebt, was Propaganda bedeute, die eine "wahnsinnige Lügenmaschine" sei: "Heute ist die Propaganda noch viel kreativer geworden. Deshalb ist wahre, ehrliche Information so wichtig." Er bedankte sich für die Lieferung von Luftabwehrsystemen aus Deutschland an die Ukraine. Dennoch seien in Kiew bereits über 900 Gebäude zerstört und über 200 Zivilisten getötet worden. "Die einzige Erklärung für die Zerstörung kritischer Infrastruktur ist es, die Menschen in der Ukraine in depressive Stimmung versetzen zu wollen. Ziel ist es, unseren Willen zu zerstören." Die Menschen in der Ukraine seien gewillt, "ein Teil der europäischen Familie, ein großer Teil der demokratischen Welt" zu werden. Auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, zugleich Vorsitzender des Stiftungsrats der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig, betonte die Rolle der Medien in aktuellen Auseinandersetzungen. "Wir wissen um die große manipulative Kraft Russlands auch in Deutschland." Wichtig sei, dass seriöse Medien und besonders der Öffentlich-rechtliche Rundfunk hier entgegenhalte. "Ich mache mir aber schon Sorgen, dass wir hier dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterliegen und der freie, unabhängige Journalismus immer stärker unter Druck gerät." Um hier zu unterstützen, verleihe die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig seit 24 Jahren ihren Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien, sagte Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Medienstiftung und der Sparkasse Leipzig. Frieden und Freiheit in einem geeinten Europa als Raum des Vertrauens gebe es nur mit einer unabhängigen Presse und freien Medien. Dafür engagiere sich die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig in vielfältiger Weise seit fast einem Viertel Jahrhundert.
"Medien brauchen Beachtung. Medien brauchen Unterstützung, Medien brauchen Förderung. Und sie brauchen auch Auszeichnungen. Danke.", sagte Preisträgerin Sabine Adler, langjährige Auslandskorrespondentin des Deutschlandfunk sowie Autorin mehrerer Sachbücher zur Zeitgeschichte. Bereits am Dienstagnachmittag hatte sie im Rahmen des Symposiums "Schicksalsgemeinschaft - Verlorener Frieden in Europa" die Herausforderungen von Korrespondenten in Krisengebieten erläutert. Im Ukraine-Krieg gelte: "Wir haben Desinformation auf der einen Seite, Restriktionen auf der anderen. Und wir dürfen nicht ins Kriegsgebiet", führte sie aus: "Das Emblem 'Press' ist in einem Kriegsgebiet eine Zielscheibe." Die Jury des Medienpreises hatte in ihrer Begründung zur Preisvergabe an Sabine Adler erklärt, sie stehe "für ausgezeichneten, unaufgeregten Qualitätsjournalismus" unter schwieriger werdenden Bedingungen: "Als Korrespondentin mit den Schwerpunkten Ukraine, Russland und Belarus verbindet sie seit vielen Jahren eine analytische, präzise und in hohem Maße sachkundige journalistische Berichterstattung mit einer klaren Grundhaltung, die den Fokus auf zivilgesellschaftliche Akteure und deren Einsatz für Demokratie und Menschenrechte richtet."
Mit ihrem Votum für das 2014 gegründete Medienhaus Correctiv hatte die Jury die Bedeutung von investigativem Journalismus für das Funktionieren demokratischer Gesellschaften betont. "Diese Kontroll- und Kritikfunktion, das Anstoßen öffentlicher Debatten, das Aufdecken von Missständen, Korruption und unethischen Verhalten, die Blickschärfung für das Agieren politisch extremer, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung feindlich gesonnener Personen, Organisationen und Parteien, hat Correctiv in hervorragender Weise wahrgenommen", so die Jury.
In einer Videobotschaft erklärte Chefredakteur Dr. Justus von Daniels: "Ich glaube, dass es für unsere Demokratie entscheidend ist, dass wir als Journalistinnen und Journalisten ein Frühwarnsystem sein können, indem wir auf Entwicklungen aufmerksam machen, die die Grundsätze unseres Zusammenlebens in Frage stellen und die sich vielleicht noch im Verborgenen vollziehen." Dafür gelte es auch, Gegenwind auszuhalten. Die persönliche Preisübergabe an Correctiv erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Jury aus Stiftungsvorstand und Stiftungsrat hatte unter einer Vielzahl hochkarätiger Vorschläge zu nationalen und internationalen Medienschaffenden auszuwählen. Der Benennung der Preisträger gingen wissenschaftliche Recherchen zu allen Kandidaten voraus.
Zu den Preisträgern:
Sabine Adler studierte Journalistik an der damaligen Karl-Marx-Universität Leipzig. Ab 1987 arbeitete sie für den Regionalsender Magdeburg bei Radio DDR II. Zwischen 1990 und 1993 war sie bei radio ffn tätig und wechselte im Anschluss zur Deutschen Welle. Seit 1997 arbeitete Adler - mit einem Intermezzo als Leiterin Presse und Kommunikation des Deutschen Bundestages zwischen Oktober 2011 und September 2012 - in unterschiedlichen Positionen für die Programme des Deutschlandradio, darunter als Korrespondentin in Russland, als Leiterin des Hauptstadtstudios sowie seit 2012 als Osteuropa-Korrespondentin in der Ukraine, Belarus, Polen und den baltischen Ländern. Sabine Adler veröffentliche fünf Bücher zur osteuropäischen Zeitgeschichte, zuletzt "Die Ukraine und wir. Deutschlands Versagen und die Lehren für die Zukunft" (2022) sowie "Was wird aus Russland? Über eine Nation zwischen Krieg und Selbstzerstörung" (2024). Das Medium Magazin kürte Sabine Adler u. a. 2010 zur "Politikjournalistin des Jahres". 2015 wurde sie mit dem Karl-Hermann-Flach-Preis der gleichnamigen Stiftung ausgezeichnet.
Correctiv ist ein durch den Journalisten David Schraven initiiertes und 2014 als gemeinnützige GmbH gegründetes investigatives Medienhaus. Die Arbeit wird durch Spenden sowie Förderungen von Stiftungen und Institutionen finanziert. Viele Recherchen erfolgen in Zusammenarbeit mit Zeitungen, Magazinen, Radio- sowie Fernsehsendern. In den vergangenen Jahren bildeten u. a. die Fälschung von Krebsmedikamenten, der CumEx-Skandal, die Struktur des deutschen Immobilienmarktes sowie rechtsextreme Netzwerke thematische Schwerpunkte der Arbeit von Correctiv. Recherchen über ein Treffen rechtsextremer und völkisch-identitärer Kreise sowie über den dabei besprochenen "Masterplan" für die "Remigration" in Deutschland lebender Ausländer sowie Deutscher mit migrantischen Wurzeln sorgten Anfang 2024 deutschlandweit für Demonstrationen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. Correctiv bzw. einzelne Journalisten und/oder Recherchen wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Grimme Online Award 2015 und 2019, mit der Theodor-Heuss-Medaille für besonderes demokratiepolitisches Engagement (2023) oder mit dem Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen von Netzwerk Recherche (Juli 2024).