Petition an Frau Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, und Herrn Viktor Orbán, Ministerpräsident der Republik Ungarn
Pressemitteilung zur Petition der ungarischen Preisträger des "Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien" 2012
Leipzig, 9. Oktober 2012. Mit einer Petition gegen die zunehmende Einschränkung der Pressefreiheit in ihrem Land richten sich die beiden ungarischen Journalisten Balázs Nagy Navarro und Aranka Szávuly an die deutsche Bundeskanzlerin und an den ungarischen Ministerpräsidenten. Beide Journalisten sind am gestrigen Montag mit dem "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig ausgezeichnet worden.
Anlässlich des bevorstehenden Besuches des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán bei Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Donnerstag fordern Nagy Navarro und Szávuly die deutsche Regierungschefin auf, entschieden gegen die immer stärker werdenden Einschränkungen der Freiheit der Medien in Ungarn Stellung zu beziehen.
In einer spontanen Aktion ist die Petition noch am Abend der Preisverleihung von weit über hundert Gästen unterzeichnet worden, darunter von Maurice Gourdault-Montagne, Botschafter der Französischen Republik in Deutschland, und Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig. Mit ihren Unterschriften setzen sich auch jene Leipziger Bürger für die Pressefreiheit in Ungarn ein, die vor genau 23 Jahren mit den großen Leipziger Demonstrationen das Ende der DDR einläuteten. Während der Öffnung des Eisernen Vorhangs hatte gerade Ungarn 1989 Unschätzbares für die Freiheit in ganz Deutschland geleistet.
Martin Henker, Superintendent der Leipziger Nikolaikirche, verlas anlässlich des traditionellen Friedensgebets und der Rede zur Demokratie die Petition und rief die Teilnehmer des Friedensgebetes zur Unterschrift auf. Innerhalb von 24 Stunden kamen bei diesen Veranstaltungen annähernd 800 Unterschriften zusammen.
Die Petition im Wortlaut:
Leipziger Petition für Pressefreiheit in Ungarn
Petition an Frau Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, und Herrn Viktor Orbán, Ministerpräsident der Republik Ungarn
Anlässlich des Jahrestages der Friedlichen Revolution in der DDR und der Verleihung des "Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien" von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig möchten wir, die Unterzeichner dieser Petition, Sie eindringlich ersuchen, sich für die Medienfreiheit in Ungarn einzusetzen. Dass sie zusehends erodiert, halten wir für nicht hinnehmbar.
Unser Protest und unser Ersuchen berufen sich auf zentrale Punkte der universalen Menschenrechte sowie auf die Europäische Charta für Presse- und Medienfreiheit.
Pressefreiheit und unabhängiger Journalismus sind demnach lebenswichtig für eine demokratische Gesellschaft. Deshalb verurteilen wir die staatlichen Eingriffe in die Freiheit der ungarischen Medien entschieden. Davon betroffen sind besonders die öffentlich-rechtlichen Medien. Die ungarische Regierung darf das Recht von Journalisten und Medien auf freie Meinungsäußerung nicht einschränken.
Der ungarische Staat muss sicherstellen, dass Medien bei der Erfüllung ihrer Aufgaben den vollen Schutz eines unabhängigen Gerichtssystems, der Gesetze und der Behörden genießen.
Pressefreiheit ist einer der nicht verhandelbaren, demokratischen Werte, auf die sich die Europäische Union stützt. In Erinnerung an die Öffnung des Eisernern Vorhangs in Ungarn und die großen Demonstrationen in Leipzig 1989 bitten wir Sie, dies anzuerkennen und zu verteidigen.
Leipzig, 8. Oktober 2012
PDF deutsch: Pressemitteilung zur Leipziger Petition für Pressefreiheit in Ungarn
PDF englisch: Press release: Petition of the Hungarian laureates of the "Prize for the Freedom and Future of the Media" 2012