"Ein Virtuose der Sprache"
Leipzig, 18. Dezember 2014. Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig vergibt den mit 10.000 Euro dotierten "Günter-Eich-Preis" 2015 an den Hörspielautor Ror Wolf. Die Preisverleihung wird am 7. Juli 2015 im Rahmen des Sommerfestes der Medienstiftung auf dem "Mediencampus Villa Ida" in Leipzig stattfinden. "Ror Wolf hat ein Radiokunst-Werk geschaffen, das im Laufe der Jahrzehnte das Repertoire des deutschsprachigen Hörspiels stetig erneuert und nachhaltig bereichert hat", sagte Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung und Direktor Stiftungen der Sparkasse Leipzig: "Umso mehr freue ich mich, dass er nun unseren nach Günter Eich benannten Hörspielpreis erhält - schließlich war es Eich selbst, der den jungen Ror Wolf anregte, Hörspiele zu verfassen".
Der am 29. Juni 1932 im thüringischen Saalfeld als Richard Wolf geborene Ror Wolf ist ebenso Spezialist wie Universalist, der sich nicht auf eine Disziplin beschränken lässt: Er schreibt Literatur, collagiert Bilder, verfasst und montiert Hörspiele. "Im Grunde bin ich ein Hörspielautor, der gelegentlich ein Buch schreibt", sagt Wolf über sich selbst. Entsprechend breit präsentiert sich das Werk, das nach dem Verlassen der DDR im August 1953 und einem Studium der Literatur, Soziologie und Philosophie unter anderem bei Adorno und Horkheimer entstanden ist. 1958 erscheinen erste literarische Veröffentlichungen. Nach einem zweijährigen Engagement als Literaturredakteur beim Hessischen Rundfunk ist Ror Wolf seit 1963 als freier Schriftsteller tätig, dessen Romandebüt "Fortsetzung des Berichts" 1964 erscheint. 1971 wird sein erstes Hörspiel "Der Chinese am Fenster" gesendet, das später in die Trilogie "Auf der Suche nach Dr. Q." einfließt. Legendär wird Ror Wolf durch seine zehn Fußball-O-Ton-Collagen, die zwischen 1972 und 1979 entstehen. 1988 wird er für seine Hörspielbiografie "Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nord-Amerika" mit dem "Hörspielpreis der Kriegsblinden" ausgezeichnet, "Raoul Tranchirers Bemerkungen über die Stille" wird 2007 von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum "Hörspiel des Jahres" gekürt.
"Als Liebhaber und Kenner des Jazz ist Ror Wolf ein Virtuose der Sprache und verfügt über ein geradezu musikalisches Wortverständnis. Verbunden mit einer von Phantasie überbordenden Auseinandersetzung mit der Realität, bei der durch stets neue Besichtigungsweisen und Darstellungsversuche selbst das Unwahrscheinlichste noch wahrscheinlich ist, macht ihn dies zu einem der faszinierendsten Forschungsreisenden im Gebiet der Töne, Stimmen und Geräusche. Die akustischen Erzählformen, die Ror Wolf hierbei dem Medium Radio in produktiver Auseinandersetzung mit dessen Bedingungen und Möglichkeiten abgewinnt, wirkten stilbildend auf nachfolgende Generationen und haben in ihrer zeitlosen Modernität bis heute nichts an Lebendigkeit verloren; ihre künstlerische Raffinesse und die Subtilität der Arrangements befeuern den hohen Unterhaltungswert, den jedes einzelne Hörspiel des Autors besitzt - Hörspiele, die sich in der Summe auch als eine Hommage sehen und hören lassen an das Radio als das Medium des künstlerischen Worts", begründete die Jury die Wahl des Preisträgers.
Die Mitglieder der diesjährigen Jury waren: Linde Rotta (freie Autorin / Journalistin), Elisabeth Panknin (ehemalige Hörspielleiterin des Deutschlandfunks), Franziskus Abgottspon (ehemaliger Hörspielleiter der SRG / Schauspieler) und Dr. Jens Bisky (Feuilletonredakteur / Kritiker bei der Süddeutschen Zeitung). Den Juryvorsitz hatte Wolfgang Schiffer (bis 2011 Leiter der Abt. Hörspiel und Radiofeature des WDR). Die Entscheidung der Jury zur Preisvergabe an Ror Wolf, in diesem Jahr nominiert vom WDR, erfolgte einstimmig.
Der von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig zum fünften Mal ausgeschriebene "Günter-Eich-Preis" richtet sich an Autorinnen und Autoren, die dem Radiogenre "Hörspiel" ein Oeuvre von inhaltlicher und formaler Kompetenz gewidmet haben. Er wird im jährlichen Wechsel mit dem "Axel-Eggebrecht-Preis" für das Radio-Feature verliehen. Bisherige Preisträger waren Alfred Behrens (2007), Eberhard Petschinka (2009), Hubert Wiedfeld (2011) sowie Jürgen Becker (2013).