Verleihung des "Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien" 2013

Leipzig, 8. Oktober 2013. Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig vergibt heute zum 13. Mal den "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" an Journalisten und Institutionen, die sich mit Mut und  außergewöhnlichem Engagement für die Durchsetzung und den Erhalt der Pressefreiheit in aller Welt eingesetzt haben und weiterhin einsetzen. Die diesjährigen Preisträger sind die indische Journalistin Tongam Rina, die Initiatoren des "Journalismusfund.eu" zur Unterstützung von grenzüberschreitendem Recherchejournalismus Brigitte Alfter (Dänemark) und Ides Debruyne (Belgien), die deutschen Nahost-Korrespondenten Jörg Armbruster und Martin Durm sowie der Rechtsanwalt und Journalist Glenn Greenwald (USA) und die britische Tageszeitung "The Guardian".

Die Gesamtdotierung des Leipziger Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien beträgt in diesem Jahr außerordentlich und erstmalig 40.000 Euro. Seit 2001 verleiht die Leipziger Medienstiftung den Preis alljährlich an Journalisten aus aller Welt, die sich ungeachtet teils hoher persönlicher Risiken für ihre Arbeit und Gefährdungen für Leib und Leben bei ihren Recherchen und in ihren Artikeln und Reportagen für einen unabhängigen Journalismus engagieren. "Die Pressefreiheit ist in vielen Ländern der Welt in Gefahr, leider zunehmend oft auch in solchen, von denen man es auf den ersten Blick nicht vermutet, weil sie dort von Verfassungen und Gesetzen geschützt zu sein scheint", erklärte Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig und Vorstandsvorsitzender der Leipziger Medienstiftung, anlässlich der heutigen Pressekonferenz: Die Aufmerksamkeit des Leipziger Medienpreises gelte auch sehr aktuellen Bedrohungen der Pressefreiheit. Dies rechtfertige aus Sicht von Stiftungsrat und Stiftungsvorstand der Leipziger Medienstiftung die erstmalige Vergabe von vier Medienpreisen und die Erhöhung der Gesamtdotierung, die sich durch die Enthüllungen von Glenn Greenwald und "The Guardian" zu weltweiten geheimdienstlichen Überwachungspraktiken ergeben hätten.

In der indischen Öffentlichkeit, bei internationalen Beobachtern und Kollegen vor Ort genießt Tongam Rina einen exzellenten Ruf, der sich sowohl auf ihre journalistische Arbeit als auch auf ihre persönliche Integrität gründet. Zwar wird die Pressefreiheit in Indien von der Verfassung garantiert, das Beispiel Tongam Rina zeigt jedoch die akute Gefährdung kritischer Journalisten im Land: Als Reporterin der "Arunachal Times" im Bundesstaat Arunachal Pradesh berichtet sie über Korruption innerhalb lokaler Behörden bei der Verteilung von Nahrungsmitteln, den fragwürdigen Bau von Staudämmen, Umweltskandale, militärische Operationen der extremistischen NSCN sowie die Situation von Frauen in Indien. Am 15. Juli 2012 wurde Tongam Rina vor der Redaktion der Zeitung von Unbekannten niedergeschossen und erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Derzeit ist Tongam Rina Gast der "Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte" und recherchiert von Deutschland aus weiter.

Brigitte Alfter (Dänemark) und Ides Debruyne (Belgien) sind Initiatoren des "Journalismfund.eu". Die 2008 gegründete Organisation fördert europäischen, kooperativen Recherchejournalismus durch Recherche-Stipendien sowie die "European Data Harvest Konferenz" für Daten- und Recherchejournalismus. Alfter und Debruyne erkannten den Bedarf an gründlichen Recherchen zu europäischen Themen, bei deren Bearbeitung Journalisten nicht durch Ländergrenzen behindert werden sollten. Die Stipendien der Organisation ermöglichen es Journalisten, in multinationalen Rechercheteams zusammen zu arbeiten. Beispiele für länderübergreifende Themen sind Menschenhandel, Missbrauch von EU-Geldern oder illegaler Waffenhandel. Brigitte Alfter war Brüssel-Korrespondentin der dänischen Zeitung "Dagbladet Information" und Gründungs-Mitglied des dänischen "Scoop-Projektes" zur Förderung von Recherchejournalismus vor allem in Osteuropa. Ides Debruyne ist Managing Director des "Journalismfund.eu" und lehrt Journalismus an der Universität Gent.

Jörg Armbruster als ARD-Korrespondent und Martin Durm als SWR-Hörfunkreporter haben das Risiko auf sich genommen, unabhängig und authentisch vom Leid der Menschen im Bürgerkriegsland Syrien zu berichten, das für Journalisten derzeit als eines der gefährlichsten Länder der Welt gilt. Die Arbeit der beiden Journalisten ist vor allem deshalb hoch einzuschätzen, weil aus Syrien oftmals nur dubioses Bildmaterial aus zweiter Hand vorliegt, das auch manipuliert sein könnte. Bei einer gemeinsamen Recherchereise für einen Dokumentarfilm im März 2013 gerieten sie in der umkämpften syrischen Metropole Aleppo in einen Hinterhalt. Armbruster wurde dabei schwer verletzt. Armbruster und Durm setzten sich für unabhängige Berichterstattung ein - auch unter Gefahr für das eigene Leben und werden für ihre Berichterstattung aus Syrien als Team ausgezeichnet.

Die Tageszeitung "The Guardian", 1821 in Manchester gegründet, zählt zu den auflagenstärksten britischen Tageszeitungen. "The Guardian" hat sich durch seinen investigativen und aufklärerischen Journalismus einen Namen gemacht: 2010 werden unter journalistischer Führung des Guardian die "Afghanistan-Papers" von WikiLeaks veröffentlicht, ebenfalls im Jahr 2010 deckt der Guardian die Abhörpraxis durch die britischen Zeitungen des Rupert Murdoch auf. Seit Mai 2013 veröffentlicht der Journalist Glenn Greenwald Informationen über großflächige geheimdienstliche Abhörprogramme (PRISM, Tempora) im Guardian. Die Zeitung wird aufgrund dieser Berichte von der britischen Regierung unter Druck gesetzt und muss Recherchematerial vernichten. Der US-amerikanische Rechtsanwalt, Autor, Blogger und Journalist Glenn Greenwald setzte mit seinen Enthüllungen zu großflächigen nachrichtlichen Abhörprogrammen (PRISM, Tempora etc.) auf Basis des Materials von Whistleblower Edward Snowden ein Highlight des investigativen Journalismus. Zusammen mit Filmemacherin Laura Poitras hat Greenwald zu Beginn des Jahres 2013 Snowden in Hong Kong interviewt. Greenwald hatte sich bereits zuvor mit den Themen "Staatliche Überwachung" und "Einschränkung von Bürgerrechten" beschäftigt. In mehreren Büchern und mit seinen Artikeln bei Salon.com, einer Online-Debattenzeitschrift, hat der Autor gegen verdeckte Kontrolle durch die Geheimdienste Stellung bezogen.

Mit dem "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" ehrt die Medienstiftung seit 2001 jährlich Journalisten, Verleger und Institutionen, die sich mit hohem persönlichem Einsatz für die Freiheit und Zukunft der Medien engagieren. Der Preis soll auch die Erinnerung an die friedliche Revolution in Leipzig am 9. Oktober 1989 wach halten: Damals forderten die Demonstranten "eine freie Presse für ein freies Land".

Dafür wird der Preis verliehen:

Die auszuzeichnende Leistung der Preisträger laut der Nominierungskriterien

  • gilt als ein Beitrag zur Stärkung der Pressefreiheit, etwa, indem Widerstände überwunden werden mussten,
  • verlangt zugleich auch eine journalistische und/oder publizistische Qualität,
  • zeigt ein weit überdurchschnittliches Engagement,
  • muss sich auf einen relevanten oder bemerkenswerten Gegenstand von allgemeinem Interesse beziehen und
  • berücksichtigt weitere besonders zu bewertende Faktoren wie zum Beispiel die herausragende Umsetzung in einem beispielgebenden Sinn.

Preisträger:
2013 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2013 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2013 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
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