"Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" geht nach Mexiko, Ungarn und Deutschland

Leipzig, den 3. Juli 2012

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Ana Lilia Pérez aus Mexiko, das ungarische Journalisten-Team Balázs Nagy Navarro und Aranka Szávuly sowie Bettina Rühl nehmen am 8. Oktober den Preis in Leipzig entgegen

Den "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" erhalten in diesem Jahr die mexikanische Journalistin Ana Lilia Pérez, das ungarische Journalisten-Team Balázs Nagy Navarro und Aranka Szávuly sowie die deutsche Journalistin Bettina Rühl, die seit Jahren aus Afrika berichtet. Mit dem Preis zeichnet die Stiftung vier Persönlichkeiten aus, die sich besonders mutig und couragiert für die Pressefreiheit einsetzen.

Der mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Preis wird den Preisträgern am 8. Oktober 2012 in Leipzig persönlich überreicht.

"Der Arbeitsalltag der diesjährigen Preisträgern spiegelt das gesamte Spektrum der Mechanismen wieder, die die Freiheit und Zukunft der Medien bedrohen. Von unter dem Deckmantel der Legitimität daherkommenden rechtlichen Einschränkungen, über subtile Einschüchterungsversuche und existenzbedrohende Sanktionen bis hin zu Todesdrohungen, ja sogar Mord. Gäbe es nicht immer wieder Menschen, die sich nicht einschüchtern lassen und die denen eine Stimme geben, die keine haben, wäre es mit der Presse- und Medienfreiheit auch um die Meinungsfreiheit geschehen", erläutert Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung die Beweggründe der Jury für die diesjährige Wahl.

Die investigative Journalistin Ana Lilia Pérez ist eine der renommiertesten Reporterinnen Mexikos. Seit 2003 publiziert Pérez unter anderem in großen mexikanischen Tageszeitungen wie "La Jornada" oder "Milenio". Zudem ist Ana Pérez als freie Schriftstellerin tätig und hat mehrere Bücher über ihre Recherchen veröffentlicht. Seit Jahren deckt sie die Machenschaften des organisierten Verbrechens und seiner Komplizen in der Politik auf und schwebt deshalb ständig in Lebensgefahr. Ihre Arbeit wird von Verfolgung, Haftbefehlen und auch Todesdrohungen begleitet.

In ihrem Buch "El Cártel Negro", das im Dezember 2011 erschienen ist, setzt Pérez ihre langjährigen Recherchen über illegale Geschäfte des staatlichen Mineralölkonzerns "Petróleos Méxicanos" fort. In diese sind Politiker, Unternehmer und die mächtigen Drogenkartelle verwickelt. Bereits seit 2008 hatte die Journalistin mehrere Skandale um den Konzern aufgedeckt und erhielt seither mehrfach Morddrohungen. Ende 2011 wurden zwei Kolleginnen von Pérez gefoltert und ermordet. Gegenwärtig ist Ana Lilia Pérez Gast der "Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte".

Für ihre Artikel und Bücher wurde Pérez unter anderem von UNICEF, dem Presseclub México und dem Verband lateinamerikanischer Journalisten ausgezeichnet.

Die beiden ungarischen Journalisten Balázs Nagy Navarro und Aranka Szávuly sind Vizepräsidenten der Unabhängigen Gewerkschaft für Fernseh- und Filmschaffende in Ungarn und bis vor kurzem Redakteure beim öffentlich-rechtlichen ungarischen Fernsehen "MTV".

Nachdem der regierungskritische, ehemalige Vorsitzende des ungarischen Obersten Gerichtshofes, Zoltan Lomnici, aus den öffentlich-rechtlichen Nachrichten herausretuschiert wurde, initiierten Nagy Navarro und Szávuly ab 10. Dezember 2011 einen dreiwöchigen Hungerstreik, um gegen die Manipulation der Nachrichten durch regierungstreue Verantwortliche des Senders zu protestieren. Am 17. Tag ihres Hungerstreiks wurden Nagy Navarro und Szávuly widerrechtlich gekündigt. Nach ihrer Entlassung verwehrte man den beiden den Zutritt zum Gebäude des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, obwohl sie als Gewerkschaftsmitglieder das Recht hierzu hatten. Erst ein halbes Jahr später durfte Nagy Navarro auf Gerichtsbeschluss seine persönlichen Sachen aus dem Sender abholen.

Mit Inkrafttreten des auch international umstrittenen ungarischen Mediengesetzes Anfang 2011 wurden die Führungen der öffentlich-rechtlichen Sender mit Kadern, die der Regierungspartei FIDESZ nahestehen, besetzt. Nach Angaben zahlreicher Mitarbeiter der Sender lassen diese kontinuierlich Nachrichten manipulieren. Nagy Navarro und Szávuly werden seit ihrem öffentlichen Protest von FIDESZ-kontrollierten Medien kritisiert und diffamiert. Zu seinem Engagement befragt sagte Nagy Navarro: "Ich muss immer daran denken, dass anderswo Menschen ihr Leben für die Bürgerrechte riskieren. Ich riskiere nur meinen Job".

Bettina Rühl ist seit 1988 freie Journalistin und Feature-Autorin mit dem Schwerpunkt Afrika. Für verschiedene Sender der ARD und den Deutschlandfunk arbeitet sie für Kulturprogramme, Feature- und politische Redaktionen. Seit April 2011 ist sie freie Afrika-Korrespondentin in Nairobi.

Bettina Rühl schreibt darüber hinaus für Zeitungen und eine Nachrichtenagentur.

Seit Mitte der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts recherchiert Bettina Rühl investigativ in zahlreichen afrikanischen Staaten. So reiste sie während des Bürgerkrieges nach Algerien und berichtete von dem vom Terror geprägten Alltag der Menschen. Ab 2001 bearbeitet Rühl die großen Komplexe Flucht und Migration und Bürgerkrieg. Sie recherchierte hierfür unter anderem in Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt.

2011 berichtete Bettina Rühl unter besonders heiklen Bedingungen über die Situation in Mogadischu, der vom jahrelangen Bürgerkrieg gezeichneten Hauptstadt Somalias. Ihre Recherchen sind nur mit sorgfältiger Vorbereitung möglich, einer genauen Kenntnis regionaler Besonderheiten und, wenn nötig, einem Aufgebot zuverlässiger Personenschützer.

2000 erhielt Bettina Rühl den Medienpreis der Kindernothilfe für ihr Hörfunk-Feature "Krieg der Kinder" über Kindersoldaten in Sierra Leone. 2012 wurde ihr ARD Radio-Feature "Die Macht der Warlords von Mogadischu" mit dem "Medienpreis Entwicklungspolitik" 2011 in der Kategorie Hörfunk ausgezeichnet.

Mit dem "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" ehrt die Medienstiftung seit 2001 jährlich Journalisten, Verleger und Institutionen, die sich mit hohem persönlichem Einsatz für die Freiheit und Zukunft der Medien engagieren. Der Preis soll auch die Erinnerung an die friedliche Revolution in Leipzig am 8. Oktober 1989 wach halten: Damals forderten die Demonstranten "eine freie Presse für ein freies Land."


Preisträger:
2012 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2012 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2012 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
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