Polnischer Investigativ-Journalist Tomasz Piątek in Leipzig mit dem "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien 2018" geehrt
Leipzig, der 8. Oktober 2018. Mit dem Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien 2018 ehrte die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig am Abend des 8. Oktober 2018 den polnischen Investigativ-Journalisten Tomasz Piątek. Der Preis wird durch die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig in jedem Jahr an Medienschaffende verliehen, die sich in besonders herausragender Art und Weise und häufig unter Gefahr für das eigene Wohlergehen um die Medienfreiheit und eine unabhängige Berichterstattung bemühen. Er ist mit 30.000 Euro dotiert. Tomasz Piątek nahm den Preis in Leipzig persönlich entgegen.
Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Medienstiftung sowie der Sparkasse Leipzig, verwies während der Preisverleihung auf zahlreiche Angriffe auf die Pressefreiheit in zahlreichen Ländern der Europäischen Union in den vergangenen Jahren: "Medienfeindliche Hetze, Diskreditierung unabhängiger Journalistinnen und Journalisten, ein Verächtlichmachen ihrer Arbeit scheint inzwischen auch in Europa vielerorts für gesellschaftsfähig gehalten zu werden", erklärte Langenfeld: "Deshalb ist es wichtig, dass wir - auch mit unserem Medienpreis - frühzeitig und mit Nachdruck auf bedrohliche Entwicklungen hinweisen und diese damit öffentlich machen." Der Preis an Tomasz Piątek sei auch eine Geste der Solidarität: "Wir stehen an der Seite unserer Freundinnen und Freunde in Polen, die sich für das Recht auf uneingeschränkten Zugang zu Informationen, für die Freiheit und Unabhängigkeit der Presse einsetzen."
"Tomasz Piątek hat sich in mehr als 20 Jahren journalistischer Tätigkeit den Ruf erworben, ein kritischer Beobachter und Begleiter der gesellschaftlichen Veränderungen in seinem Heimatland zu sein", erläuterte Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung und Direktor Stiftungen der Sparkasse Leipzig, die Wahl des Preisträgers: "Trotz der immer schwierigeren Bedingungen für Journalisten in Polen lässt sich Tomasz Piątek auch durch Drohungen in seiner investigativen Arbeit nicht einschüchtern."
Preisträger Tomasz Piątek äußerte seinen Dank für die Auszeichnung: „Ich werde das Preisgeld nutzen, um unabhängigen Journalismus zu unterstützen - nicht nur meinen eigenen und nicht nur den in Polen", erklärte er. Darüber hinaus kündigte er in seiner Dankesrede weitere Veröffentlichungen zur Verquickung polnischer Regierungsmitglieder mit der russischen Politik an. Er forderte die europäische Politik auf, nicht jene Politiker zu hofieren, "die durch Lügen an die Macht kommen und die diese Macht dann nutzen, die Wahrheit zu unterdrücken."
Auf die schwierige Situation polnischer Journalisten wies auch Bartosz T. Wieliński, Leiter des Ressorts Außenpolitik der Tageszeitung Gazeta Wyborcza, in der diesjährigen "Leipziger Rede zur Medien- und Pressefreiheit" während der Preisverleihung hin: "Polen ist ein Schlachtfeld, wo die national-konservative Regierung der Partei 'Recht und Gerechtigkeit' (PiS) gegen die offene Gesellschaft, gegen den Rechtsstaat und nicht zuletzt gegen die unabhängigen Journalisten kämpft", so Wieliński. Diese Entwicklung sei noch nicht abgeschlossen, wie Gesetzesentwürfe zur "Re-Polonisierung" privater Medien zeigen würden. Er forderte von der Europäischen Union einen stärkeren Schutz unabhängiger Journalisten: "Die EU hat die Mittel, um die Mitgliedsländer nicht nur zu ermahnen, unbeschränkte Freiheit der Presse zu gewährleisten, sondern sie auch dazu zu zwingen."
Zum Preisträger
Tomasz Piątek hat sich in mehr als 20 Jahren journalistischer Tätigkeit den Ruf erworben, ein kritischer Beobachter der gesellschaftlichen Veränderungen in seinem Heimatland zu sein.1974 geboren, absolvierte er ein Linguistik-Studium in Mailand. Zwischen 1995 und 2013 arbeitete er als Journalist u. a. beim polnischen Nachrichtenmagazin Polityka, der italienischen Tageszeitung La Stampa sowie als Experte für Psycholinguistik. Seit 2013 ist Piątek Kolumnist der Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Daneben ist er als Schriftsteller mehrerer Romane, Krimis und Fantasy-Bücher bekannt.
Spätestens mit seinem Sachbuch "Macierewicz i jego tajemnice" (Macierewicz und seine Geheimnisse, 2017) geriet er ins Visier der staatlichen Organe in Polen: Piątek beschrieb hier die Verbindungen des damaligen polnischen Verteidigungsministers Antoni Macierewicz zum Umkreis des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zum russischen Geheimdienst und zu kriminellen Gruppen in Russland - pikant, da sich Macierewicz in der polnischen Öffentlichkeit stets als entschiedener Gegner Putins darstellt. Zugleich warf Piątek dem Minister die Verstrickung in illegale Waffen- und Geldgeschäfte vor. Statt mit einer Anzeige gegen den Journalisten reagierte der Minister mit dem Einschalten der Staatsanwaltschaft. Piątek drohten mehrere Jahre Haft. Dieses Verfahren wurde inzwischen eingestellt - dennoch sieht sich der Journalist regelmäßig neuen Angriffen, insbesondere auch von nicht-staatlicher Seite ausgesetzt.
Hier finden Sie die Medienpreisverleihung 2018 in voller Länge.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Medienpreisverleihung 2018.
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