"Wir teilen dieselben Werte"
"Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" soll international ausstrahlen
Es ist schon fast eine europäische Geschichte, die sich mit der Verleihung des "Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien" abspielt. Eine Geschichte wider des Vergessens.
Das sei das Wichtigste in seinem Beruf, sagt der italienische Journalist Fabrizio Gatti, Preisträger 2006. "Demokratie und Freiheit sind kein Geschenk! Wir müssen sie jeden Tag verteidigen!" Das ist es, was ihn mit seinen Kollegen Alina Anghel aus Moldawien und Dr. Volker Lilienthal aus Deutschland verbindet. Aus Überzeugung setzen sie sich für die Pressefreiheit ein und wurden dafür nun von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig ausgezeichnet.Die Europäische Geschichte aber beginnt in Moldawien. Jener letzten kommunistischen Diktatur, die zwischen der Ukraine und Rumänien liegt. Das Land ist das Ärmste in Europa. Reich sind nur jene, die mächtig und korrupt sind. "Luxus im Land der Armut", so der Titel eines Artikels von Alina Anghel, für den sie verfolgt, verklagt und verprügelt wurde. "Langsam kann man verzweifeln", sagt sie bei ihrer Dankesrede im Leipziger Rathaus mit zitternder Stimme. "Denn trotz der Berichterstattung ändert sich nichts. Deshalb bin ich sehr dankbar für diesen Preis, er erinnert mich aber gleichzeitig daran, was alles falsch läuft in meinem Land."
Die europäische Geschichte geht von Moldawien, dessen größtes Exportgut seine Einwohner sind, die legal und illegal auf den Baustellen und in den Bordellen anderer Länder arbeiten, nach Italien - dem Tor nach Europa oder vielmehr in die Europäische Union. Vor ihrem Elend wollen gerade viele Flüchtlinge aus Afrika über das Mittelmeer nach Europa fliehen. Nur die Wenigsten erreichen ihr Ziel. Etliche ertrinken, der Rest wird in Auffanglager gezwängt. Die katastrophalen Zustände dort kamen durch eine Undercover-Recherche von Fabrizio Gatti ans Licht. Nicht nur das, er zählte auch die Toten, die es nach der Abschiebung nach Afrika bei den Flüchtlingstransporten gab. Auf seiner Reise waren es 106.
Und schließlich erreicht die europäische Geschichte Deutschland, wo der "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" verliehen wird. Aber auch hier heißt Rechtsstaat nicht automatisch sofort Gerechtigkeit. Nur durch Hartnäckigkeit in der Recherche und Hartnäckigkeit vor Münchner Gerichten kam der Schleichwerbeskandal in ARD-Serien ins Rollen. Derjenige, der so hartnäckig war, heißt Dr. Volker Lilienthal. "Ich bin stolz darauf, mit diesen beiden Journalisten ausgezeichnet zu werden", sagt er beim gemeinsamen Dinner mit Anghel und Gatti in der Villa Ida. Im Sitz der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig treffen sich die Preisträger am Abend vor der Preisverleihung erstmals. Und trotzdem: "Wir haben schnell realisiert, dass wir die selben Werte teilen", so Fabrizio Gatti. Leipzig sei ein Symbol für Freiheit. "Mit den friedlichen Demonstrationen 1989 hat hier unsere Zukunft begonnen. Für diese Zukunft müssen wir Europa weiter aufbauen und unsere Werte verteidigen." Einen Beitrag zur Erinnerung daran will die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig mit diesem Preis leisten. Ob nun bei Dr. Volker Lilienthal, für den der Preis Genugtuung und Stütze bei seinem Arbeitgeber ist. Oder bei Fabrizio Gatti, der stolz darauf ist, seinem Vorbild Seymour Hersh als Preisträger nachgefolgt zu sein. Oder Alina Anghel, die durch das Medienecho zeigen kann, dass sich ehrlicher, investigativer Journalismus lohnt. Der Leipziger Medienpreis werde international immer mehr beachtet, sagt Gatti. Vielleicht erinnert er ja daran, dass wir alle etwas für Freiheit und Demokratie tun können.
Carsten Upadek