Leipzig wird von Journalisten als idealer Standort für ein "Europäisches Zentrum für Pressefreiheit" gesehen. Das ist das Ergebnis einer Debatte über die Medienfreiheit in Europa auf dem von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig veranstalteten "Leipziger Medienkongress". Die Stadt Leipzig stehe durch ihre Geschichte und das mutige Engagement ihrer Bürger wie kaum eine andere Stadt für Meinungsfreiheit, sagte Hans-Ulrich Jörges (Stern): "Leipzig wäre ein idealer Standort für ein Zentrum für Pressefreiheit in Europa. Die Medienstiftung und die Universität Leipzig könnten da gut zusammenarbeiten."
Zentrale Punkte des Podiums, auf dem neben Jörges auch Jørn Mikkelsen (Jyllands-Posten), Arne König (Europäische Journalistenföderation), Alexandra Föderl-Schmid (Der Standard), Sergei Sokolow (Nowaja Gaseta) und Christina Schlötzer (Süddeutsche Zeitung) diskutierten, waren die Vereinheitlichung der europäischen Gesetzgebung und die Solidarität mit Kollegen, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass Journalisten in ganz Europa bei ihrer täglichen Arbeit Beachtung und Schutz verdienen und nicht erst dann, wenn etwas passiert sei.
Wir rücken bisher nur zusammen, wenn jemand getötet wird
"Wir rücken bisher nur zusammen, wenn jemand getötet wird", betonte Sergei Sokolow. Er ist Herausgeber der russischen Tageszeitung Nowaja Gaseta, für die Anna Politkowskaja bis zu ihrer Ermordung schrieb. Aber sie sei kein Einzelfall, über 200 russische Journalisten wurden in Russland seit dem Ende des Kalten Krieges getötet.
"Wir deutsche Journalisten müssen solche Verbrechen wahrnehmen und öffentlich machen", sagte Christiane Schlötzer von der Süddeutschen Zeitung. Dies sei auch im eigenen Interesse der Journalisten wichtig, damit eine europäische Zusammenarbeit möglich werde.
Viele Journalisten versuchen sich zu schützen, indem sie sich einer Art Selbstzensur unterwerfen. "Wir trauen uns nicht zu, gewisse Themen aufzugreifen", bedauerte Jørn Mikkelsen, Chefredakteur der dänischen Zeitung Jyllands-Posten, die 2005 die Mohammed-Karikaturen veröffentlichte. "Wir werden die Karikaturen wahrscheinlich nie wieder drucken. In diesem Sinne haben wir verloren."
"Wir müssen den Status der Journalisten wieder erhöhen, sie sind ein wichtiges gesellschaftliches Gut", fügte der schwedische Journalist Arne König hinzu. Inzwischen arbeite jeder zweite Journalist freiberuflich. Dadurch gehe der Schutz zwischen Journalist und Herausgeber verloren.
"Europa ist noch kein gemeinsamer Medienraum, wir achten zu wenig aufeinander", sagte Hans-Ulrich Jörges. Dass Medienpreise verliehen werden, sei ein wichtiger Impuls, um Pressefreiheit zu fördern. Das reiche aber nicht aus. Ein Zentrum für Pressefreiheit in Europa wäre ein großer Fortschritt. Hans-Ulrich Jörges initiierte die Europäische Charta für Pressefreiheit, die Anfang 2009 von ihm und 48 Chefredakteuren und leitenden Journalisten aus 19 Staaten verabschiedet wurde.