Stephan Seeger über das Urteil im Prozess gegen Medienpreisträger Erdem Gül
Leipzig, der 17. Juli 2018. Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig begrüßt grundsätzlich den Freispruch für den türkischen Journalisten Erdem Gül, den ein Strafgericht in Istanbul gestern im Prozess wegen Geheimnisverrats ausgesprochen hat. „Dieser Freispruch für Erdem Gül, der unter anderem mit dem ‚Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien 2016' der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig ausgezeichnet wurde, ist nicht mehr als die logische Konsequenz am Ende eines Verfahrens, das nie hätte stattfinden dürfen. Letztlich wurde ihm zum Vorwurf gemacht, seinem Beruf als unabhängiger Journalist treu geblieben zu sein“, relativiert Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig, am Dienstag das Urteil, nicht ohne den Mut des Gerichts hervorzuheben. Dennoch, Güls Freispruch sei mitnichten ein Zeichen für einen Wandel der türkischen Regierung im Umgang mit der Presse- und Medienfreiheit: „Weiterhin laufen zahlreiche Prozesse gegen Journalisten, darunter gegen unsere Preisträger Can Dündar (2016) und Deniz Yücel (2017). Ahmet Altan, Preisträger 2009, wurde im Februar zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt, dass sich unabhängige Medienschaffende schnell neuen Verfahren ausgesetzt sehen, wenn sie über politische oder gesellschaftliche Missstände in der Türkei berichten“, so Seeger weiter: „Eine anhaltende Entspannung können wir deshalb nicht erkennen.“
Erdem Gül, zuletzt Hauptstadtkorrespondent der unabhängigen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, war im November 2015 gemeinsam mit dem Chefredakteur der Zeitung, Can Dündar, des Geheimnisverrats angeklagt worden, nachdem die Zeitung über Waffenlieferungen aus der Türkei an Extremisten in Syrien berichtet hatte, in die türkische Regierungsstellen involviert gewesen sein sollen. Der erste Prozess begann im März 2016. Dündar wurde zunächst zu fünf Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, Gül zu fünf Jahren. Beide Journalisten gingen in Berufung. Im März 2018 wurden die ursprünglichen Urteile aufgehoben und die beiden Prozesse voneinander getrennt. Gül ist nun freigesprochen, Dündar droht hingegen eine deutlich höhere Haftstrafe von bis zu 20 Jahren. Can Dündar, der seit Juli 2016 im Exil in Deutschland lebt, erhielt 2016 gemeinsam mit Erdem Gül den „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien 2016“ der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig.